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Strafzahlungen für Rechnungsprüfverfahren vor 2022 sind unzulässig!

BSG: Strafzahlungen setzen einen Prüfauftrag an den MD im Jahr 2022 voraus.

Mit Urteil vom 19. Oktober 2023, Az. B 1 KR 8/23 R hat das Bundessozialgericht (BSG) eine wesentliche Streitfrage um die sog. Strafzahlung, rechtstechnisch Aufschlag genannt, geklärt.

Ausgangslage

Sollte sich im Anschluss an ein MD-Rechnungsprüfverfahren unstrittig eine Rechnungsminderung ergeben, bestimmt § 275c Abs. 3 Satz 1 SGB V, dass das Krankenhaus ab dem Jahr 2022 neben der Rückzahlung der Rechnungsdifferenz einen Aufschlag an die Krankenkasse zu zahlen hat. Die Krankenkassen nutzten die unsaubere Formulierung des Gesetzes aus, um Strafzahlungen auch für solche „beanstandete“ Abrechnungen zu fordern, bei welchen allein die leistungsrechtliche Entscheidung der Krankenkasse im Jahr 2022 ergangen ist.

Nach dem bisher bekannten Terminbericht des BSG sind Strafzahlungen nur zu zahlen, wenn die Krankenkasse den Prüfauftrag an den MD im Jahr 2022 erteilt hat. Für alle Fälle, in welchen der MD im Jahr 2021 oder gar vorher beauftragt wurde, scheidet die Straf-zahlung aus.

Wichtig ist dabei auch die Unterscheidung zwischen der Einleitung eines Prüfverfahrens nach § 4 PrüfvV, an welche sich ggf. zunächst ein Falldialog anschließen kann und der Beauftragung des MD zur Durchführung einer Prüfung nach § 275c Abs. 1 SGB V i. V. m. § 6 PrüfvV. Für die Strafzahlung ist allein der Zeitpunkt der Beauftragung des MD durch die Krankenkasse maßgeblich.

Empfehlung

Wir empfehlen Krankenhäusern zu prüfen, ob Krankenkassen Strafzahlungen für Abrechnungen geltend gemacht haben, bei welchen der Auftrag an den MD vor dem Jahr 2022 erteilt wurde.

  • Sollte eine Krankenkasse solche Strafzahlung bereits aufgerechnet oder auf sonstigem Wege, ggf. durch eine Zahlung des Krankenhauses selbst erhalten haben, kann die zu Unrecht gezahlte Strafzahlung grundsätzlich zurückgefordert werden.
  • Sollte eine solche Strafzahlung seitens der Krankenkasse bisher nur angedroht, jedoch noch nicht aufgerechnet/bezahlt worden sein, empfiehlt es sich die Zahlung weiter zu verweigern, nun unter Verweis auf das Urteil des BSG vom 19. Oktober 2023, Az. B 1 KR 8/23 R.

Da das BSG in seinem Terminbericht davon ausgeht, dass Strafzahlungen aus dem Jahr 2022 per Verwaltungsakt festgesetzt wurden/hätten festgesetzt werden müssen, kann die Rückabwicklung komplex sein. Besondere Schwierigkeiten können sich in Fällen ergeben, in welchen die Strafzahlung bereits gezahlt und/ oder z. B. kein Widerspruch gegen den Strafzahlungsbescheid eingelegt wurde. Hier empfehlen wir Krankenhäusern rechtlich spezialisierten Rat in Anspruch zu nehmen.

Manche Krankenkassen haben in den letzten Monaten die Aufrechnung von Strafzahlungen bis zu Klärung der seitens des BSG entschiedenen Frage aufgeschoben und Verjährungsverzichte seitens der Krankenhäuser erbeten. Dieses Vorgehen war grundsätzlich sinnvoll. Ein Großteil der hiervon betroffenen Forderungen der Krankenkassen sind nach dem Terminbericht des BSG nicht entstanden und hinfällig. Den Krankenkassen verbleibt nach dem Terminbericht des BSG jedoch ein kleines Fenster für Strafzahlungen betreffend Behandlungsfälle aus dem Jahr 2021. Betroffen sind Behandlungsfälle, die zwar im Jahr 2021 im Krankenhaus aufgenommen und abgerechnet wurden, bei welchen die Krankenkasse jedoch erst im Jahr 2022 den MD beauftragt hat. Bei diesen muss geprüft werden, ob die Strafzahlung inhaltlich berechtigt ist und formal ordnungsgemäß geltend gemacht wurde. Nur dann ist die Forderung der Krankenkasse berechtigt. Wir empfehlen im Zweifel zunächst Widerspruch einzulegen.

Gerne unterstützen wir Sie bei Fragen zu den Aufschlägen nach § 275c Abs. 3 SGB V sowie bei Ihrer Auseinandersetzung mit den Krankenkassen.