DE | EN | ES
 
 

Mandanteninformationen   

Juni 2017 Mandanteninformation als PDF downloaden

Zulässigkeit einer Institutsermächtigung bei Leistungen, die besonderen Qualifikationsanforderungen unterliegen

Das BSG hat in einer Entscheidung aus Januar diesen Jahres (Urteil vom 25.01.2017 – B 6 KA 11/16 R), die erst kürzlich veröffentlicht wurde, seine Rechtsprechung aufgegeben, wonach eine Institutsermächtigung für Leistungen, die besonderen Qualifikationsanforderungen unterliegen, nicht in Betracht kommt. Daneben stellte der Senat klar, dass Institutsermächtigungen nach § 5 Abs. 2 des Bundesmantelvertrags Ärzte (BMV-Ä) weder nachranging gegenüber persönlichen Ermächtigungen sind, noch den Zulassungsgremien bei Entscheidung über die Erteilung ein Ermessen zukomme.

Hintergrund

Die Klägerin ist Trägerin eines nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhauses in der Rechtsform einer GmbH. Sie beantragte im August 2011 die Erteilung einer Institutsermächtigung gem. § 31 Abs. 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 BMV-Ä für ihre geburtshilfliche Abteilung. Der zuständige Zulassungsausschuss lehnte diesen Antrag ab. Der Berufungsausschuss wies den Widerspruch der Klägerin mit der Begründung zurück, dass weder ein Versorgungsdefizit vorliege, noch könnten Leistungen, die einer Abrechnungsgenehmigung durch die KV bedürfen, Gegenstand einer Institutsermächtigung sein. Die Einhaltung der Qualitätsanforderungen, die Voraussetzung für die Erteilung der Abrechnungsgenehmigung ist, könne andernfalls nicht überprüft werden.
Sowohl das dagegen angerufene SG als auch das LSG stützten im Ergebnis diese Begründung.

Die Erteilung der Institutsermächtigung stehe nach dem Wortlaut der maßgeblichen Norm im Ermessen des beklagten Berufungsausschusses, der dieses rechtsfehlerfrei ausgeübt habe. Zwar sei die Institutsermächtigung nicht von vornherein deshalb ausgeschlossen, weil es sich um Leistungen handele, die einer Abrechnungsgenehmigung unterliegen. Auch könne die Rechtsprechung des BSG, wonach eine Institutsermächtigung bei qualifikationsgebundenen Leistungen grundsätzlich nicht möglich sei, nicht uneingeschränkt Anwendung auf § 5 Abs. 2 Nr. 2 BMV-Ä finden, da die Regelung andernfalls keinen Anwendungsbereich mehr habe. Ein angemessener Ausgleich im Sinne einer praktischen Konkordanz könne aber dadurch erreicht werden, dass die Erteilung der Institutsermächtigung vom Nachweis der Qualifikationsanforderungen abhängig gemacht werde. Die Beklagte habe dies vorliegend aber ausreichend geprüft und zu Recht unter Verweis auf die bei der Klägerin vorhandenen Fachärzte, für die persönliche Ermächtigungen erteilt werden könnten, eine Institutsermächtigung abgelehnt.

Dies sah das BSG anders:

Rechtsausführungen des BSG

Das BSG führte hierzu aus, dass dem Ermächtigungsbegehren der Klägerin nicht entgegenstehe, dass Institutsermächtigungen – grundsätzlich – gegenüber persönlichen Ermächtigungen nachrangig seien. Zwar gehe das BSG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass persönlichen Ermächtigungen von Ärzten ein Vorrang vor Ermächtigungen einer „Institution" zukomme. Aus dem Wortlaut des einschlägigen § 5 Abs. 2 BMV-Ä lasse sich dies aber nicht herleiten. Insbesondere fehle die – auch im Rahmen der zu § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV ergangenen BSG Rechtsprechung hervorgehobene – Anforderung, dass die Ermächtigung nur in „besonderen Fällen" zu erteilen sei. Daraus ergebe sich, dass Ärzte und ärztlich geleitete Einrichtungen bei einer Ermächtigung nach § 5 Abs. 2 BMV-Ä gleichberechtigt nebeneinander zu behandeln seien. Dies werde auch durch einen Vergleich mit Abs. 1 der Norm bestätigt, der die Ermächtigung ärztlich geleiteter Einrichtungen nur „in Ausnahmefällen" vorsehe.

Die Prüfung eines Versorgungsbedarfs käme nach dem klaren Wortlaut der Norm („ohne Prüfung eines Bedarfs") nicht in Betracht.

Die Erteilung der Institutsermächtigung sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil für die Erbringung der entsprechenden GOP-Ziffern besondere Qualifikationsanforderungen bestehen. Die bisherige Rechtsprechung des Senats, wonach jedenfalls vom Grundsatz her eine Institutsermächtigung für solche Leistungen ausscheide, sei fortzuentwickeln. Institutsermächtigungen seien künftig zulässig, wenn in der Ermächtigung sichergestellt werde, dass die qualifikationsabhängigen Leistungen ausschließlich von entsprechend qualifizierten Ärzten erbracht werden.

Insoweit müsse den gesetzlich induzierten Veränderungen in der ambulanten Versorgung Rechnung getragen werden. Dass die ermächtigte Einrichtung als solche den Nachweis nach § 135 Abs. 2 SGB V (Fachkundenachweis) nicht führen könne, erfordere nicht von vornherein einen generellen Ausschluss der Ermächtigung. Vielmehr könne diesem Umstand auch durch Regelungen bei der Abrechnungskontrolle begegnet werden.

Zwar sei im Wortlaut des § 5 Abs. 1 BMV-Ä der Vorrang der persönlichen Ermächtigungen zur Institutsermächtigung noch angelegt („in Ausnahmefällen"). Die Praxis habe sich aber ganz deutlich in Richtung der Erteilung von Institutsermächtigungen für hochspezialisierte Leistungen entwickelt. Da der Gesetzgeber selbst diesen Vorrang der Institution für besondere Leistungen fördere (etwa bei § 118 SGB V für die psychiatrische Behandlung), könne sich auch die Rechtsprechung dieser Entwicklung bei der Anwendung des § 135 Abs. 2 SGB V nicht verschließen. Deshalb müsse anstelle einer generellen Versagung ein Mechanismus treten, der sicherstellt, dass die Leistungen nur von entsprechend qualifizierten Ärzten erbracht werden.

Anstelle einer Nebenbestimmung, die weder normativ vorgesehen, noch geeignet sei, die Einhaltung von Qualitätsanforderungen zu gewährleisten, sei eine Inhaltsbestimmung erforderlich, die die Grenzen der Ermächtigung festlege. Diese müsse den Krankenhausträger verpflichten, die zuständige Kassenärztliche Vereinigung darüber zu informieren, welche namentlich benannten und in der Ambulanz tätigen Ärzte unter Vorhaltung welcher spezifischen Qualifikationen die qualifikationsabhängigen Leistungen erbringen. Daneben könne die Einhaltung der Qualifikationsanforderungen auch durch eine Kennzeichnung der Leistungen sichergestellt werden, aus welcher sich für die Kassenärztlichen Vereinigungen ergebe, welcher der in der Ambulanz tätigen Ärzte die konkrete Leistung erbracht habe.

Soweit die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen, seien die Zulassungsgremien nicht nur berechtigt, sondern vielmehr verpflichtet, die Ermächtigung mit einer solchen Inhaltsbestimmung zu versehen.

Anders als die Vorinstanzen angenommen haben, stehe die Vorschrift des § 5 Abs. 2 BMV-Ä auch nicht im Ermessen der Zulassungsgremien. Vielmehr erschöpfe sich der normative Gehalt dieser Vorschrift allein in einer Befugniszuweisung an die Zulassungsgremien, ohne einem Ermessenspielraum zu eröffnen.

Fazit

Die durch das BSG vorgenommene Rechtsprechungsfortentwicklung und Klarstellung hinsichtlich der Erteilung von Institutsermächtigungen, insbesondere auch bei Leistungen, die besonderen Qualifikationsanforderungen unterliegen, ist begrüßenswert. Künftig wird es für die Zulassungsgremien nicht mehr möglich sein, allein aufgrund der Tatsache, dass es sich um Ermächtigungsleistungen handelt, für die eine Abrechnungsgenehmigung durch die KV vorgesehen ist, die Erteilung von Institutsermächtigungen abzulehnen. Vielmehr zeigt das BSG in der vorliegenden Entscheidung in Form der – bei Vorliegen der Voraussetzungen verpflichtenden – Inhaltsbestimmung einen Weg auf, Klinikträger von dem mit persönlichen Ermächtigungen verbundenen Verwaltungsaufwand im Sinne einer hinreichenden Patientenversorgung zu entlasten.