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Bundestag beschließt Neuregelung Beitragsschuldengesetz

Neuregelungen zur Abrechnungsprüfung nach dem Beitragsschuldengesetz - viel Arbeit für den Schlichtungsausschuss

Am 14. Juni 2013 hat der Bundestag das Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung (BT-Drs.17/ 13079, 17/ 13947) beschlossen.

Neben der Senkung des Säumniszuschlages bei Beitragsschulden, oder finanzieller Maßnahmen zur Entlastung der Krankenhäuser sieht das Gesetz Änderungen bei der Krankenhausabrechnungsprüfung vor. Die wichtigsten Änderungen für Krankenhäuser in diesem Bereich stellen wir im Folgenden dar:

1.    Schlichtungsausschuss auf Landesebene

1.1   Wegfall der Stichprobenprüfung, Einzelprüfung durch Schlichtungsausschuss möglich

Bei Streitigkeiten über das Ergebnis einer Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs. 1 c SGB V kann zukünftig der Schlichtungsausschuss auf Landesebene angerufen werden. Dieser war bisher für Streitigkeiten nach einer Stichprobenprüfung zuständig, die durch die Gesetzesänderung nun entfällt.

1.2   Verpflichtende Anrufung des Schlichtungsausschusses bei Streitwerten bis EUR 2.000,00

Ferner sieht das Gesetz vor, dass bei Vergütungsstreitigkeiten bis zu einem Wert von EUR 2.000,00 zunächst zwingend der Schlichtungsausschuss angerufen werden muss, bevor eine Klage zum Sozialgericht erhoben werden kann.

Das Gesetz ist wohl so zu interpretieren, dass es auf den Gegenstandswert des einzelnen Abrechnungsfalles ankommt; die Streitwertgrenze kann also nicht durch Verbindung mehrerer streitiger Forderungen umgangen werden.

Der Gesetzgeber will damit die Sozialgerichte entlasten und schnellere Entscheidungen ermöglichen. Das bietet aus unserer Sicht insbesondere bei geringen Streitwerten die Möglichkeit, ohne hohes Kostenrisiko und  ohne Sachverständigengutachten offene Forderungen durchzusetzen. Gerade in Fällen mit geringen Streitwerten haben bisher die Krankenhausträger den Klageweg gescheut, Es besteht jetzt die Möglichkeit, auch solche Fälle mit vertretbarem Aufwand zu verfolgen.

Ob allerdings eine schnellere Entscheidung ermöglicht wird, ist fraglich Die Neuregelung kann zu einer Überlastung der Schlichtungsausschüsse führen. Die paritätische Ausgestaltung der Schlichtungsausschüsse lässt zudem einvernehmliche Lösungen nicht erwarten. Häufig wird deshalb auch nach diesem Verfahren die Klage zum Sozialgericht notwendig werden.

2.    Abrechnungsprüfung auf Bundesebene

2.1   Ausgestaltung des Prüfverfahrens

Die Selbstverwaltungspartner werden auf Bundesebene damit beauftragt, eine nähere Ausgestaltung des Prüfverfahrens nach § 275 Abs. 1 c SGB V vorzunehmen. Die Vereinbarung soll Regelungen über den Zeitpunkt der Beauftragung des MDK, die Prüfungsdauer, den Prüfungsort und die Abwicklung von Rückforderungen beinhalten. Außerdem soll vereinbart werden, wann die Krankenhäuser Unterlagen direkt den Krankenkassen vorlegen müssen und in welchem Umfang die Krankenkassen vor Einschaltung des MDK selbst prüfen dürfen.

Der Gesetzgeber gibt den Verbänden bis zum 31.03.2014 Zeit, diese Vereinbarung abzuschließen. Anderenfalls wird auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 18 a Abs. 6 KHG eine Entscheidung treffen.

2.2   Etablierung eines Schlichtungsausschusses auf Bundesebene

Auf Bundesebene wird ein Schlichtungsausschuss etabliert, der Kodier- und Abrechnungsfragen von grundsätzlicher Bedeutung verbindlich klären soll. Gebildet wird der Ausschuss durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Nicht stimmberechtigte Mitglieder sind ferner das DRG-Institut und das DIMDI.

Gerade in wiederkehrenden Streitigkeiten zur Anwendung und Auslegung von Kodierrichtlinien und sonstigen Abrechnungsfragen kann die Neuerung Rechtssicherheit schaffen. Für Krankenhausträger besteht derzeit allerdings nicht die Möglichkeit, ein solches Verfahren selbst zu initiieren. Anrufungsberechtigt ist zunächst nur die „Landesebene". Es bleibt abzuwarten, ob die Vertragsparteien Anrufungsrechte z.B. für einzelne Krankenhausträger einräumen. Streitpotential besteht aus unserer Sicht auch bei der Frage, wann es sich um eine Kodier- und Abrechnungsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt.

2.3   Modellhafte Erprobung einer Auffälligkeitsprüfung

Weiter werden die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit der Entwicklung und modellhaften Erprobung einer Auffälligkeitsprüfung auf Basis statistischer Daten (§ 21 KHEntgG) beauftragt. Die näheren Einzelheiten für die Durchführung und Auswertung sollen die Vertragsparteien bis zum 31. März 2014 vereinbaren. Anderenfalls entscheidet auf Antrag die Bundesschiedsstelle.

Es besteht bereits jetzt Streit darüber, welche Daten und Referenzwerte hierfür zu verwenden sind, so dass eine zügige Regelung nicht zu erwarten ist.

3.    Fazit und Bewertung

Die Neuregelung bietet auf Orts- und Landesebene Chancen einer schnelleren Konfliktlösung. Das Verfahren vor dem Schlichtungsausschuss kann v.a. wesentlich kostengünstiger abgewickelt werden, als ein Gerichtsverfahren.

Abzuwarten bleibt, inwieweit die Schlichtungsausschüsse zur Abwicklung rein technisch und organisatorisch in der Lage sind und wie schnell sich die Landesverbände/ Landeskrankenhausgesellschaften über die Verfahrensregelungen einigen. Unbeschadet dessen muss die zwingende Befassung des Schlichtungsausschusses bei Streitigkeiten bis EUR 2.000,00 ab in Kraft treten des Gesetzes (1. August 2013) beachtet werden. Wir werden dazu weitere Hinweise und Empfehlungen geben.

Bezüglich der Regelungen auf Bundesebene ist derzeit eine Einschätzung kaum möglich. Hier ist der Ausgang der Verhandlungen auf Bundesebene bis 31. März 2014 abzuwarten.