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GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) verabschiedet

Am 11. Juni 2015 hat der Deutsche Bundestag das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) verabschiedet. Mit Verkündung des Gesetzes werden für Ärzte und Krankenhäuser einige wesentliche Änderungen in Kraft treten.

Im Einzelnen:

Nachbesetzungsverfahren

Bereits mit dem Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) wurde der Zulassungsausschuss ermächtigt, in überversorgten Gebieten Arztsitze einzuziehen. Aufgrund der bisher herrschenden Unsicherheit über die Auslegung der Norm und der zu zahlenden Entschädigung, wurde von dieser Ermächtigung kaum Gebrauch gemacht.
Mit dem GKV-VSG wird die bisherige „Kann"-Regelung des § 103 Abs. 3a Satz 3 SGB V zu einer „Soll"-Regelung. Das Gesetz sieht vor, dass künftig Vertragsarztzulassungen in Bezirken, in denen Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, regelhaft nicht wieder besetzt werden sollen, wenn ein Planungsbereich um 40% überversorgt ist.

Für die Weiterführung der Praxis durch Ehegatten, Lebenspartner, Kinder, angestellte Ärzten oder Praxispartner des bisherigen Vertragsarztes gelten Ausnahmen.
Zu diesem Zwecke ist es nach der Urteil des BSG vom 22.10.2014 (B 6 KA 44/13) auch zulässig, Berufsausübungsgemeinschaften allein mit dem Ziel zu gründen, Einfluss auf das Nachbesetzungsverfahren zu nehmen.

Zu beachten ist jedoch, dass aufgrund einer Ergänzung des § 103 Abs. 3a SGB V durch das GKV-VSG das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Dies gilt nur dann nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb vor dem 8.3.2015 (erste Lesung des GKV-VSG im Bundestag) begründet wurden.

Verlegung genehmigter Anstellungen

Während sich die bisherige Regelung des § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV (Zulassungsverordnung – Ärzte) auf die Verlegung von Vertragsarztsitzen beschränkte, soll nach Inkrafttreten des GKV-VSG auch die Verlegung von genehmigten Anstellungen durch den Zulassungsausschuss, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen, zulässig sein. Für die Verlegung einer Anstellungsgenehmigung von einem MVZ in ein anderes ist es erforderlich, dass sich die beiden MVZs in gleicher Trägerschaft befinden oder die Gesellschafter identisch sind.

Dies bedeutet, dass – wie von einigen Zulassungsausschüssen bislang gefordert – vor Verlegung keine Umwandlung der Anstellung in eine Zulassung gemäß § 95 Abs. 9b SGB V mehr stattfinden muss.

Zeitprofile angestellter Ärzte bei Plausibilitätsprüfungen

Auch § 106a Abs.2 Satz 2 SGB V stellt klar, dass angestellte Ärzte und niedergelassene Vertragsärzte mit demselben Tätigkeitsumfang bei den Zeitprofilen im Rahmen der Plausibilitätsprüfungen zu bewerten sind.

Überprüfung des Versorgungsauftrags

In diesem Zusammenhang ist auch die Neuformulierung des § 95 Abs. 3 SGB V von Bedeutung. Danach haben die Kassenärztlichen Vereinigungen den Auftrag, den sich aus der Zulassung ergebenden Versorgungsauftrag von Vertragsärzten und Medizinischen Versorgungszentren (MVZs) anhand der ihnen vorliegenden Leistungsdaten zu überprüfen.
Risiken bestehen damit vor allem für Ärzte, deren tatsächlicher Tätigkeitsumfang vom durch den Zulassungsausschuss genehmigten Tätigkeitsumfang abweicht, weil sie beispielsweise trotz hälftiger Zulassung Vollzeit oder bei voller Zulassung kaum vertragsärztlich tätig sind. Hier können disziplinarrechtliche Sanktionen bis hin zur Zulassungsentziehung drohen.

Arztgruppengleiche MVZs

Die Regelungen für die Zulassung und den Betrieb von Medizinischen Versorgungszentren (MVZs) werden erweitert. Künftig können auch arztgruppengleiche MVZs gegründet werden.

Gründung von MVZs durch Kommunen

Ferner können nach Inkrafttreten des GKV-VSG neben den bisher gründungsberechtigten Leistungserbringern die Kommunen Medizinische Versorgungszentren (MVZs) gründen.

Auch wird geregelt, dass die Gründereigenschaft für angestellte Ärzte bestehen bleibt, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem MVZ verzichtet haben, solange sie in dem MVZ tätig und Gesellschafter des MVZ sind.

Neuordnung der Wirtschaftlichkeitsprüfung

Wirtschaftlichkeitsprüfungen für verordnete Leistungen in ihrer jetzigen Form werden durch das GKV-VSG aufgehoben und durch regionale Vereinbarungen zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen sowie den Kassenärztlichen Vereinigungen ersetzt. Diese sind schiedsstellenfähig. Dabei sind die Vertragspartner der Selbstverwaltung auf regionaler Ebene frei, den jeweiligen regionalen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Prüfungsarten. Bis zum Abschluss neuer regionaler Vereinbarungen werden die bisherigen Regelungen als regionale Vertragsinhalte fortgeführt.

Hochschulambulanzen

Mit dem GKV-VSG werden darüber hinaus die Ermächtigungsregelungen für die Hochschulambulanzen (§ 117 SGB V) geändert. Die Teilnahme der Hochschulambulanzen an der vertragsärztlichen Versorgung zum Zwecke der Behandlung und Untersuchung gesetzlich Versicherter erfolgt nunmehr kraft Gesetzes. Darüber hinaus wird der bisherige Ermächtigungsumfang (Forschung und Lehre) ergänzt um die Behandlung der Patienten, die wegen Art, Schwere und Komplexität ihrer Erkrankung eine Untersuchung oder Behandlung von einer Hochschulambulanz bedürfen. Für die Inanspruchnahme der Hochschulambulanzen in diesen – durch den Spitzenverband der Krankenkassen, die Kassenärztlichen Vereinigungen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft noch näher zu bestimmenden Fällen - bedarf es einer Überweisung durch eine Fachärztin oder einen Facharzt.

Frühe Nutzenbewertung für sog. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB)

Für Krankenhäuser hat das GKV-VSG Auswirkungen im Rahmen der sog. Neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB). Für neue Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts mit hoher Risikoklasse beruht, wird aufgrund des besonders invasiven Charakters des Eingriffs und zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit gem. § 137h SGB V eine frühe Nutzenbewertung durch den G-BA vorgesehen. Es wird daher gesetzlich ein neues Verfahren vorgegeben, wonach ein Krankenhaus, das für die Anwendung einer entsprechenden Methode erstmalig die Vereinbarung eines NUB-Entgelts nach § 6 Abs. 2 Satz 3 KHEntgG anstrebt, den G-BA hierüber informieren und ihm die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse für eine Bewertung der Methode übermitteln muss.

Fazit

Das GKV-VSG wird auf viele Stellen im Gesundheitswesen einwirken. Die oben dargestellten Neuregelungen zeigen dabei nur einen kurzen Überblick über wesentliche Veränderungen für Vertragsärzte und Krankenhäuser auf.

Kritisch werden sicherlich weiterhin die Neuregelungen zur Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen betrachtet.

Andererseits bietet das Gesetz auch Verbesserungen insbesondere für MVZs bei strukturellen Veränderungen durch die Möglichkeit, Arztstellen verlegen zu können.

Die Gründungsmöglichkeit von MVZs wird erweitert.

Krankenhausträger können von der Neuregelung der Hochschulambulanzen profitieren.